ViCAFE PORTRAIT: JOËL, DER TAUSENDSASSA
«Hoi! Sali! Ciao! Wie häsch es? » Joël erkennt man sofort an seiner fröhlichen und warmherzigen Begrüssung. Wer bis vor Kurzem schlechte Laune hatte, kann sich sicher sein, dass diese jetzt verflogen ist. Und mit einem frisch gezauberten Flat White sowieso.
Wir treffen Joël am ViCAFE Gerold. Er räumt die letzten Sachen rein und begibt sich mit uns in den Feierabend. «Heute ist dank des schönen Wetters viel los gewesen», sagt er und schnappt sich sein BMX. Es ist einer der ersten relativ milden Abende im März, an denen man ahnt, dass der Frühling nicht mehr weit ist. Wir drehen eine Runde in Frau Gerolds Garten. Die Stimmung ist etwas zwischen letzten Wintertagen und ersten Frühlingsknospen. Zu warm für ein Heissgetränk, zu kühl für ein Glacé, obwohl die Gelateria di Berna bereits für die neue Sommersaison gerüstet ist.
Joël erzählt frisch von der Leber weg. Er sei gerade aus den Winterferien zurück. Sein dreijähriger Sohn Nils habe schon letztes Jahr angefangen zu snowboarden. Der stolze Papi zückt sein Handy und zeigt ein Video, wie der Kleine seine ersten Fahrten auf dem Brett übt. Die Familie sei generell sehr aktiv und immer unterwegs anzutreffen. Ob in der Letzibadi, im Freestyle-Park bei der Allmend, beim Wandern oder «Brötle» im Wald. Hauptsache abenteuerlich.
Wir verlassen Gerolds Garten in Richtung Schiffbauplatz, wo Joël uns ein paar seiner Moves auf dem BMX zeigen will. Parallel findet ein Skateboard-Training für Kinder statt. Ein paar Tricks hier, ein paar Stunts da – wir passen völlig in die Szene. Man kommt ins Gespräch. Joël zieht die Menschen förmlich an..
«Ich muss mich etwas aufwärmen, ist schon eine Weile her, seit ich damit gefahren bin.» Davon merkt man als Laie nichts. Seine Tricks sind zügig, leicht, schwungvoll und ein bisschen risikofreudig. «Mit Familie und Job habe ich leider nicht mehr so viel Zeit fürs BMX, es macht mir aber immer noch grossen Spass.»
Die erste Berührung mit der flinken Sportart hatte Joël vor ungefähr siebzehn Jahren. Er sah die Stunts der Profis im Fernsehen und meinte zu seinen Eltern: «Das will ich auch machen.» Kurze Zeit später findet man Joël in jeder freien Minute auf dem Bike. «Ich bin schon ein bisschen ein Tausendsassa. Ich probiere gerne Neues aus. So auch das Hobby mit dem BMX.» Sogar an einem Wettkampf habe er mal teilgenommen. «Aber mehr, um dabei zu sein, als um zu gewinnen», sagt er mit einem Augenzwinkern.
Der Rahmen seines BMX-Bikes stammt übrigens noch vom ursprünglichen Fahrrad, das seine Eltern ihm damals gekauft hatten. «Einzelne Teile habe ich natürlich mit der Zeit ausgetauscht. Aber es hat noch immer einen sehr emotionalen Wert für mich.»
Wir machen uns auf den Heimweg. Unterwegs grüsst Joël einen ehemaligen Mitarbeitenden von ViCAFE aber auch Kund*innen, die ihn aus dem Kaffeefenster kennen. Der gelernte Sportartikelverkäufer sei schon immer ein «People-Typ» gewesen. Er begegne Menschen mit Offenheit, Toleranz und Respekt.
55 Paar Sneakers haben sich, während seiner Karriere in Sportgeschäften, angesammelt. «Als Sammler bezeichne ich mich dennoch nicht unbedingt.»
Er schaut auf die Uhr. «So, und jetzt muss ich meine Freundin ablösen, sie hat heute Ausgang und ich schaue auf den Kleinen.»
Text: Sarah Ackermann, Felix Goelzer
Bilder: Sarah Ackermann, Aaron Fee