Kolumbien2019

Das Streben nach persönlichen Beziehungen zu Kaffeebauern

Tausende Kilometer trennen uns von den Kaffeebauern. Trotzdem verbindet uns nicht nur die Passion für Kaffee, sondern auch eine persönliche Beziehung – ein unersetzbares Gut, wie wir finden.

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Kontraste Während im Zürcher Münsterhof die Espressomaschine dampft und schäumt und geschäftige Passanten sich auf einen wärmenden Kaffee freuen, macht sich Oscar Hernandez im kolumbianischen Pitalito Gedanken über den aktuellen Stand seiner Pflanzen: Die Haupternte steht vor der Tür und der Regen der letzten Tage hat dafür gesorgt, dass seine Kaffeekirschen schön prall wachsen. Wenn die Natur weiterhin mitspielt, wird die Ernte Oscars Erwartungen übertreffen. Diese beiden Szenen könnten unterschiedlicher nicht sein. Und doch verbindet uns nicht nur die gemeinsame Faszination für Kaffee, sondern auch eine persönliche Beziehung und gegenseitiges Vertrauen. Eine Beziehung, die von beiden Seiten regelmäßig gepflegt wird und die nun schon ihr drittes Jubiläum feiert. Drei wichtige Sätze Wenn wir einen neuen Kaffee konzipieren, geschieht das immer in drei Schritten: Zuerst müssen wir einen Kaffee finden, der uns allen schmeckt und der in den Espresso Bars in grossen Mengen aufgebrüht werden kann. Dann besprechen wir, wie wir an dieses neue Produkt herangehen. Auf welche Aspekte wollen wir beim Rösten Wert legen? Welche Vorlaufzeiten müssen eingehalten werden, damit das Produkt rechtzeitig aufgebrüht werden kann? Und schliesslich beschäftigen wir uns mit der Herkunft des Kaffees. Nachdem wir verschiedene Rohkaffeeproben angeschaut und degustiert haben, beginnen wir mit der Planung einer Reise ins Ursprungsland: Wir wollen die Menschen hinter dem Kaffee kennenlernen, der uns in der Schweiz so gut geschmeckt hat. Neben Fakten braucht es für den Aufbau einer solchen Partnerschaft auch ein gutes Bauchgefühl. Erst wenn beide Parteien vom gemeinsamen Potenzial überzeugt sind, wird direkt über den Preis verhandelt und so eine langfristige Partnerschaft geschmiedet. Warum diese Beziehungen unersetzlich sind Was uns antreibt? In erster Linie unsere Neugier. Das beginnt bei der Qualität des Kaffees. Durch die Analyse der Bohnen lassen sich einige Rückschlüsse auf die Bedingungen vor Ort ziehen. So kann man zum Beispiel beurteilen, ob die Kaffeekirschen genügend Nährstoffe erhalten haben. Der Rohkaffee gibt auch Aufschluss darüber, wie sorgfältig auf der Farm gearbeitet wurde: Weisen die Bohnen kleine Risse auf, wurde der Kaffeepulper vermutlich nicht richtig kalibriert. Gleichzeitig bleibt vieles im Verborgenen. Vor allem der Faktor Mensch entzieht sich der Rohkaffee-Analyse. Wie gehen die Menschen auf der Kaffeefarm miteinander um? Wie rücksichtsvoll gehen sie mit Flora und Fauna auf der Farm um? Und besteht Interesse an einem langfristigen Wissensaustausch mit uns und anderen Farmen, die mit uns zusammenarbeiten? Viele dieser wichtigen Fragen können nur vor Ort beantwortet werden. Durch individuelle Preisverhandlungen können wir zudem sicherstellen, dass die Preise über die Jahre hinweg relativ stabil bleiben. Dies gibt den Farmern Planungssicherheit und ermöglicht langfristige Investitionen in die Farm. Dies ist insbesondere in Zeiten volatiler Preise und relativ niedriger Kaffeemarktpreise von großer Bedeutung. Die Nähe zu den Bauern ermöglicht zudem ein umfassenderes Verständnis der lokalen Gegebenheiten und Entwicklungen jenseits der Kaffeefarmen. Im engen Gespräch mit Exporteuren erfährt man unter anderem von den Bestrebungen in Kenia, die Marketingagenten abzuschaffen, um ein Beispiel aus dem ostafrikanischen Kaffeemarkt zu nennen. Eine solche Veränderung der lokalen Marktstrukturen hätte entscheidende Auswirkungen auf unsere Partner vor Ort und dementsprechend auch auf die Art und Weise, wie wir Kaffee aus Kenia beziehen können. Beziehungen, die wir aufbauen Wir wollen stabile Beziehungen, die von Ehrlichkeit und Transparenz geprägt sind. Eins-zu-eins-Beziehungen zwischen Unternehmern, in denen beide Seiten Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Eine Voraussetzung für gemeinsame, langfristige Ziele. Zurück zu Oscar in Kolumbien: Bei unserem diesjährigen Besuch, als er an seiner Nassmühle saß, wurde uns klar, dass Los Nogales einen großen Bedarf an nährstoffreichem Humus hat. Die Farm ist steil und Oscars Ziel, den Einsatz von Düngemitteln zu reduzieren, erfordert eine sorgfältige Bewirtschaftung des vorhandenen Bodens. So entstand der gemeinsame Plan, eine Kompostanlage zu bauen, die auf mehreren Terrassen die benötigte Biomasse produziert. Wenige Wochen nach unserer Rückkehr erhielten wir ein Update aus Kolumbien: Oscar zeigt uns per WhatsApp seine neue Kompostanlage. Diese funktionierte so gut, dass er begann, Grünabfälle von seinen Nachbarn zu kaufen. Heute profitieren wir alle von einer neuen Kompostanlage im Süden Kolumbiens und einer geschätzten Freundschaft zwischen Oscar und ViCAFE.
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