Alle Beiträge
Regina ist eine von wenigen Menschen, die sich für den Schutz der wenigen verbliebenen Orang-Utans auf Sumatra einsetzen. Ihre Erfahrung und ihre scheinbar unerschöpfliche Energie ermöglichen es ihr, ganzheitlich zu denken und solche Projekte zu initiieren. Der Schutz der Primaten ist zu ihrer Lebensaufgabe geworden und Teil eines größeren Ziels, die natürlichen Lebensräume Sumatras zu schützen und Modelle zu entwickeln, die ein Zusammenleben von Pflanzen, Tieren und Menschen ermöglichen. Kaffee spielt dabei eine wichtige Rolle.
Ihre beeindruckende Karriere begann während ihrer ersten Reise nach Indonesien im Jahr 1973. Direkt nach ihrem Biologiestudium machte sie sich mit wenig Erfahrung, aber viel Zielstrebigkeit auf den Weg nach Indonesien, um sich auf Sumatra um die Orang-Utans zu kümmern. Ihre ersten Eindrücke waren geprägt von den tosenden tropischen Regenfällen, die sie mit einem kleinen Diktiergerät aufnahm und regelmäßig nach Hause schickte.
Gemeinsam mit einer Kollegin aus der Schweiz baute sie das erste Projekt für den WWF auf und sie bezogen Quartier auf dem Land. Ein Auto hatten sie nicht und so war es ein kräftezehrendes Unterfangen, mit einem Orang-Utan-Baby auf dem Arm im öffentlichen Bus in die Nachbarstadt Medan zu fahren. So entstand das erste Rettungszentrum für gefangene Orang-Utans. Mit viel Geschick, immer wieder erklärend und sensibilisierend gelang es den beiden, Orang-Utan-Besitzer davon zu überzeugen, dass die Primaten keine geeigneten Haustiere sind und nicht in Käfige gehören, sondern ins Rettungszentrum oder in den Regenwald.
Ich fragte mich: Wie haben sich Natur und Gesellschaft seit Anfang der 1970er Jahre verändert? Regina ist überzeugt, dass die Gesellschaft nicht einfach „schlechter“ geworden ist. Im Gegenteil. Die Einwohner Sumatras haben heute ein besseres Verständnis für die Verletzlichkeit der natürlichen Lebensräume, die sie umgeben. Sie sind neugierig auf die Natur und besuchen ihre heimischen Wälder. Eine Form des Inlandstourismus, die lange undenkbar war, ist heute eine wichtige Säule der lokalen Wirtschaft. Natürlich ist der Druck auf die verbleibenden Regenwälder enorm. Es gibt die kontinuierlich wachsende menschliche Bevölkerung und die globale Nachfrage nach Palmöl ist scheinbar unersättlich. Dies hat verheerende Folgen für Primaten: Im vergangenen Jahrhundert verschwanden rund 92 % der ursprünglichen Orang-Utan-Populationen. Ein einfacher Blick auf Google Maps zeigt die schiere Größe der Plantagen. Palmöl ist noch immer eines der billigsten verfügbaren Pflanzenöle und wird von verschiedenen Industrien für alles von Tiefkühlpizza bis hin zu Waschmitteln und Biodiesel verwendet.
Der anfängliche Anbau von Palmöl, zum Beispiel von Lonsum (PP London Sumatra Indonesia Tbk), sei relativ überschaubar gewesen, sagt Regina. Die Plantagen wurden über viele Jahrzehnte auf denselben Flächen angebaut, fachmännisch bewirtschaftet und boten auch Rückzugsmöglichkeiten für Tiere. Das Problem mit Palmöl ist, dass es Tieflandregenwälder verdrängt, oft mit Hilfe illegaler Brandrodung. Die ökologische Katastrophe ist jedoch die Trockenlegung großer Torfsumpfwälder, oft in Küstennähe, die eine der reichsten Artenvielfalten der Welt aufweisen. Wenn diese Wälder trockengelegt werden, werden große Mengen CO2 freigesetzt, das in der organischen Substanz des Torfs gespeichert wird. Eine erschreckende Zahl: Indonesiens Torf hat eine CO2-Speicherkapazität von rund 54 Gigatonnen (54.000.000.000 Tonnen). Zusammen mit dem Kongo-Regenwald ist dies der zweitgrößte CO2-Torfspeicher der Welt. Leider sind beide Gebiete auch Lebensraum von Primaten: Im Kongo leben Gorillas, Schimpansen und Bonobos, in Indonesien Orang-Utans. Kein Wunder, dass Regina gegen den Anbau von Palmöl und in der Schweiz gegen dessen Konsum kämpft. Sie wollte feststellen, ob der nachhaltige Anbau von Palmöl auf einer Plantage, die auf Brachland neu angelegt und nach RSPO-Richtlinien bewirtschaftet wird, grundsätzlich möglich ist. Die Ergebnisse ihrer 5-jährigen wissenschaftlichen Untersuchung zeigten, dass die Artenvielfalt deutlich abgenommen hat, was die Theorie bestätigt, dass die aktuellen RSPO-Richtlinien keinen nachhaltigen Anbau von Palmöl gewährleisten.
Am 7. März 2021 stimmen die Schweizerinnen und Schweizer über das Freihandelsabkommen zwischen Indonesien und der Schweiz ab. In diesem Abkommen wird der vergünstigte Import eines bestimmten Produkts erstmals an Produktionsstandards geknüpft. Das sogenannte „RSPO-Zertifikat“ soll den nachhaltigen Anbau von Palmöl garantieren. Zwar begrüsst Regina grundsätzlich, dass erstmals Nachhaltigkeitskriterien in ein Freihandelsabkommen aufgenommen wurden, die Richtlinien selbst greifen jedoch zu kurz. Sie findet es deshalb wichtig, den Konsumentinnen und Konsumenten die Schwächen des RSPO-Gütesiegels aufzuzeigen, um den nötigen Druck aufzubauen, dieses Zertifikat zu verbessern und so den Anbau von wirklich nachhaltigem Palmöl sicherzustellen.
Wenn Palmöl die größte Bedrohung für das Überleben der Orang-Utans darstellt, warum dann ein Kaffeeprojekt?
Nach dem Unabhängigkeitskrieg in Aceh, der nach dem Tsunami 2004 plötzlich und unerwartet endete, ergab sich die einmalige Chance, neue Kaffeeprojekte auf dem Gayo-Plateau zu entwickeln. Die Primaten und die Kaffeebauern teilen sich nicht denselben Lebensraum: Orang-Utans leben im tiefer gelegenen Regenwald, während unsere Arabica-Kaffeesorten im gemäßigten Klima des Gayo-Hochlands gedeihen. Die Kaffeeplantagen liegen jedoch in der Nähe des Leuser-Nationalparks, teilweise angrenzend an diesen, und sind daher Teil desselben Ökosystems. Die Projektinitiatoren waren davon überzeugt, dass sich eine Möglichkeit bietet, mit der Kaffeeindustrie zusammenzuarbeiten. Um sicherzustellen, dass dies im Einklang mit der Natur geschieht, wurde Orang Utan Coffee geschaffen. Die am Programm teilnehmenden Bauern verpflichten sich, auf die Rodung des Regenwalds sowie auf die Jagd, den Fang und den Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten zu verzichten. Im Gegenzug erhalten die Familien einen finanziellen Bonus von 0,50 EUR/kg. Weitere 0,50 EUR/kg gehen direkt an das Sumatran Orangutan Conservation Program (SOCP), das unter anderem das Schutzgebiet für Orang-Utans betreibt und weiterentwickelt.
In den letzten Jahren haben die OUC-Bauerngruppen intensiv an der Erlangung der europäischen Bio-Zertifizierung gearbeitet. Die vom Projekt ebenfalls organisierten Schulungen zum ökologischen Kaffeeanbau finden in unserem eigenen Ecofarming Center statt.
Bei ViCAFE arbeiten wir seit 2014 mit Orang Utan Coffee zusammen. Das bisher grösste Highlight war definitiv die Crowdfunding-Kampagne, die wir 2017 mit 100-days (neu Crowdify) von Ronorp organisiert haben. Am Ende halfen 50'000 Franken dem Wih Die Bauerngruppe Bersih baut eine Kaffeetrocknungsanlage. Auch 2021 profitieren alle Beteiligten von dieser Investition. Während die Kaffeebauern ihren Kaffee unter optimalen Bedingungen trocknen können, profitieren wir in der Schweiz von den wunderbaren, sauberen Aromen dieses Gayo-Kaffees.
Wenn man über den Kaffee hinausblickt und sich fragt, worum es Regina geht, stellt man fest, dass es immer um den Erhalt und Schutz natürlicher Lebensräume geht. Denn der Schutz des Regenwaldes ist nicht nur notwendig, um die verbliebenen Primaten und andere Tier- und Pflanzenarten zu schützen: Er ist auch eine Lebensgrundlage für die Menschen, die auf Sumatra leben, und damit auch für die Kaffeebauern, die mit Leidenschaft unseren Orang Utan Kaffee produzieren. Nicht zuletzt spielen die tropischen Regenwälder eine entscheidende Rolle im sich verändernden Weltklima, das derzeit im Fokus weltweiter Schutzmaßnahmen steht. Wir freuen uns sehr, mit unserem Orang Utan Kaffee einen Beitrag zu solch großer und wichtiger Arbeit zu leisten.
Text : Pascal Herzog
Bilder : PanEco & Christian Forrer
ABSOLUTE ENTSCHLOSSENHEIT, NATÜRLICHE LEBENSRÄUME ZU SCHÜTZEN
Wir beziehen unseren indonesischen Kaffee von einer kleinen Gruppe von Bauern namens Wih Bershi, die
nach einem Dorf im Gayo-Hochland im äußersten Norden Sumatras. Dieser Kaffee heißt Orang
Utan Coffee ist Teil eines unglaublichen Projekts. Wir möchten Ihnen hier mehr darüber erzählen und
Wir stellen Ihnen eine der treibenden Kräfte vor, die hartnäckige Regina Frey. Wir besuchten Regina bei ihrem
Anfang Januar zu Hause in Berg am Irchel.
Neueste Artikel