«SÜSSE IST FÜR MICH PFLICHT.»

«SÜSSE IST FÜR MICH PFLICHT.»

Fabian Gass, Leiter der ViCAFE Rösterei und Q-Grader, bringt ein umfassendes Kaffee-Knowhow in die Firma ein. Wir haben uns mit ihm in unserer Rösterei zum Interview getroffen. Er erzählt uns, worauf es bei der Röstung ankommt.

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Als Leiter der Rösterei ist dein Aufgabenbereich sehr breit. Wie sieht dein Arbeitsalltag bei ViCAFE aus? Mein Aufgabenfeld umfasst u.a. den Einkauf unserer Grünkaffees, die Zusammenarbeit mit unseren Partnerfarmen sowie Qualitätskontrollen von Grün- und Röstkaffee. Ausserdem entwickle ich in Zusammenarbeit mit unseren Röstern Ruben und Christoph sowie unserem Leiter Logistik Benjamin die Röstprofile für unsere Kaffees. Nicht zuletzt gehört der Kaffee-Wissenstransfer an unsere zurzeit 86 Baristi ebenfalls zu meinem Aufgabenbereich. Seit April rösten wir auf einer Loring S35 Kestrel Röstmaschine. Wie arbeitet es sich auf dieser Maschine und was macht sie besonders? Ruben und Christoph arbeiten am meisten mit der Röstmaschine. Ich springe bei Engpässen ein. Für den Kauf der Loring waren verschiedene Aspekte ausschlaggebend: Unter anderem überzeugte uns die beeindruckende Reproduzierbarkeit der Röstungen, der geringe Wartungsaufwand und die niedrigen Emissionswerte. Einer konkreten Röstphilosophie folgst du nicht. Was macht für dich eine gute Röstung aus? Losgelöst von jeglichen wirtschaftlichen und konzeptionellen Überlegungen, ist es dann eine gute Röstung, wenn es dem Röstmeister bzw. der Röstmeisterin gelungen ist, die Stärken des Grünkaffees zu erkennen und diese in der Röstung bewusst zu unterstreichen. Diese Stärken darf man natürlich unterschiedlich gewichten: Gewisse bevorzugen eine leicht dominantere Säure in Kombination mit Süsse, andere wiederum bevorzugen eher einen stärkeren Körper mit leichten bittersüssen Schokoladennoten und einer feineren Säure. Süsse ist für mich jedoch Pflicht. Es gibt für mich aber sowohl eine „falsche“, als auch eine „sinnbefreite“ Röstphilosophie. Falsch ist, den Kaffee, den man verkauft, ausschliesslich „aus dem Gefühl“ zu rösten. Das klingt zwar mystisch und romantisch, hat aber wohl eher mit Faulheit zu tun und ist gegenüber dem Käufer nicht fair. Aus experimentellen und lerntechnischen Gründen ist das natürlich erlaubt. Umgekehrt ist es falsch, einfach blind vordefinierten Röstkurven zu folgen. Sinnbefreit ist es, einen kenianischen Spitzenkaffee zu kaufen, der sich durch seine feinen Säuren und die enorme Süsse auszeichnet und diesen dann bis zur Unkenntlichkeit zu rösten – ölig und verbrannt, oder „schonend“ 25 Minuten lang. Diese Geschmacksprofile hätte man auch mit einem günstigeren, weniger komplexen Kaffee haben können. Wie muss der perfekte Espresso schmecken? Ab einem gewissen Punkt ist das wohl subjektiv. Ich mag sowohl Espressi, wo eine intensive Süsse in perfekter Balance mit Fruchtnoten steht, als auch Espressi, die körperbetont und eher säurearm sind. Das ist tagesformabhängig. Wichtig ist für mich, dass der Röster bzw. die Rösterin und der Barista dem Grünkaffee gerecht werden. Aus diesem Grund investieren wir bei ViCAFE sehr viel in die Weiterbildung und Trainings der Baristi. Was ist dabei auf den Rohkaffee resp. die Röstung zurückzuführen? Die hohe Qualität des Grünkaffees ist immer Grundvoraussetzung. Danach können die Röster oder Baristi dieser Qualität „nur“ noch gerecht werden. Du überprüfst tagtäglich unsere Kaffees. Welchen ViCAFE geniesst du im Moment am meisten? Ich bereite mir zurzeit den Finca San Jeronimo Miramar aus Guatemala zu. Er ist Teil unserer Hausmischung, aber als Single Estate noch nicht erhältlich. Wir hatten die Farm im Juni 2019 besucht und waren begeistert. Ansonsten folge ich den Ankunftszeiten frischer Ernten. Haben wir oder ein anderer Coffeeshop einen neuen Kaffee im Angebot, gehe ich vorbei und probiere ihn aus. Mich interessiert die Diversität von Kaffee. Wie würdest du diesen Kaffee zu Hause zubereiten? Hast du ein Rezept für uns? Zuhause trinke ich keinen Kaffee, doch so wie wir den Finca San Jeronimo Miramar rösten, würde ich ihn als Espresso oder mit der Bialetti-Kanne bevorzugt zubereiten. Wir sind seit sechs Monaten in unserer neuen Rösterei in Zürich Altstetten. Was wird sich in den kommenden drei Jahren verändern? Da wir erst kürzlich eingezogen sind, sind wir im Moment noch dabei viele Dinge zu testen, zu analysieren und zu optimieren. Was soeben fertig wurde, ist der Nachbau einer Espresso Bar, sodass unsere neuen Baristi optimal auf die Barista-Arbeitswelt vorbereitet werden können. Toll wären zudem ein kleines Filterkaffee-Labor sowie weitere Events und Workshops für die Öffentlichkeit. Was ist ein Q-Grader? Erfahre hier mehr.
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