«Wieso nicht mal die Nachbarn besuchen?» Mit diesen sympathischen Worten begrüsst uns Christoph im
Café Noir, dessen Rösterei sich auf demselben Areal befindet, wie die Rösterei von ViCAFE. Das Café selbst ist an der Neugasse in Zürich zuhause, direkt bei der Amboss Rampe. Bekannte Gesichter begrüssen Christoph freundlich. Christoph bestellt einen Americano. Er nimmt einen Schluck und unmittelbar danach einen Zweiten, als würde er die sensorische Wahrnehmung des ersten Schluckes bestätigen wollen. Man merkt: Der angehende Lebensmitteltechnologe hat seinen Platz in der Branche gefunden.
Christoph ist seit der Geburtsstunde von ViCAFE mit an Bord. Zusammen mit
Ramon und
Simon führte er die erste Espresso Bar am
Goldbrunnenplatz. Bald darauf erlernte er, als Vorbereitung für das Studium, das Handwerk des Röstens, das er bis heute für ViCAFE ausübt.
Woher stammt seine Begeisterung für Kaffee? Während seiner Jugend geriet ihm bei einer Restaurant-Liquidiation eine alte La Cimbali-Siebträgermaschine in die Hände. Zusammen mit seinem Bruder und wenig Ahnung, weder von Kaffeemaschinen noch von Kaffee, restaurierte er diese und brachte sie auf Vordermann: «Begeisterung ja – Expertise noch nicht.» Heute sei dies zum Glück anders. Inzwischen hat die Maschine einen Ehrenplatz in Christophs Schlafzimmer verdient - so muss er für seinen morgendlichen Espresso nicht einmal sein Zimmer verlassen.
Christoph schnappt sich sein Velo und wir verlassen das Café Noir in Richtung Amboss Rampe. Seine Leidenschaft für das Gefährt auf zwei Rädern ist mindestens so gross wie jene für Kaffee, Bier, Wein oder Schokolade. Sein «daily driver» sei das zuverlässigste Transportmittel von allen und habe ihn noch nie im Stich gelassen. Jedes Jahr geht er mit ein paar Freunden auf einen ungefähr einwöchigen Velo-Trip. Angefangen hat alles mit einem Ausflug in den Europapark, damals vollständig analog unterwegs, bleibt die Irrfahrt mit 20 Stunden im Sattel bis heute die längste Tagesetappe. Mit einer lustigen Erinnerung und inzwischen digital, gehörten Paris, Montpellier, Salzburg und Ljubljana zu den bereits erreichten Zielen. «Es ist erstaunlich, wie weit man kommt. Und man bekommt so viel von der Landschaft mit, was sehr schön ist.» Herausfordernd werde es dann, wenn keine Velowege auf der Karte eingezeichnet seien und sie stattdessen auf Wanderwege ausweichen. «Für Biker eher ungeeignet, aber machbar», sagt er mit einem Augenzwinkern und beneidenswerter Gelassenheit.
In der Amboss Rampe hatte Christoph sein erstes Züri-Bier, seine «erste Bier-Liebesgeschichte». Seither kommt er regelmässig. Eine Location, die sich viel Mühe gäbe, tolle Events organisiere und sich am Puls der Stadt befinde. «Ein schöner Ort, mit schönen Menschen. Ich hatte hier noch nie einen schlechten Abend.»
Unser Spaziergang führt uns zu einem Fahrrad-Geschäft. Auf der Suche nach einem neuen Gadget für sein Velo, sprechen wir über den Wandel in der Lebensmittelindustrie. «Mit den offensichtlichen Veränderungen des globalen Ökosystems wandeln sich zu Recht die Ansprüche der Käuferschaft. Sie fordert zunehmend Nachhaltigkeit und Transparenz – ein zukunftsorientierter, jedoch anspruchsvoller Prozess, der die gesamte Industrie durchläuft.»
Christoph in eine einzige Kategorie stecken zu wollen ist schwierig und wohl gar nicht nötig. Ob er bei der Urania-Sternwarte Führungen macht, um Leuten den Zugang zum Kosmos zu ermöglichen, Baristi in London abwirbt, um sie dann bei ViCAFE einzustellen, oder sein eigenes Lebensmittel entwickeln möchte: Christoph ist ein inspirierender Gesprächspartner mit viel Herzblut für alles, was er anpackt.